Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) auch bekannt als „Davos“, ist weit mehr als ein jährliches Treffen in den Schweizer Alpen. Seit über fünf Jahrzehnten versammelt es die wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger der Welt, um drängende globale Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
In diesem Beitrag gehen wir einleitend auf die Entstehungsgeschichte und die Ziele des Weltwirtschaftsforums ein. Wir werfen einen Blick auf die historischen Meilensteine und schließlich auf die Schlüsselthemen des Treffens vom 20. bis 24. Januar 2025, an dem über 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur teilgenommen haben. Welche Szenarien für die Weltwirtschaft im Jahr 2025 lassen sich aus den Ergebnissen von Davos ableiten?
Vom Managementforum zur globalen Institution
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) wurde 1971 von dem deutschen Ökonomen Klaus Schwab gegründet und hat sich von einem europäischen Managementforum zu einer globalen Institution mit dem erklärten Ziel entwickelt, „den Zustand der Welt zu verbessern„. Ursprünglich als „European Management Forum“ gegründet, sollte es europäischen Führungskräften eine Plattform bieten, um sich auszutauschen und von amerikanischen Managementtechniken zu lernen. Bereits zur ersten Konferenz in Davos kamen rund 450 Teilnehmer aus 31 Ländern.
Das Weltwirtschaftsforum in Davos will den Zustand der Welt zu verbessern.
Davos ist heute ein symbolträchtiger Treffpunkt der globalen Elite. Staatsoberhäupter, CEOs multinationaler Unternehmen, führende Wissenschaftler, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich treffen sich hier, um in einem informellen Rahmen über die Zukunft der Welt zu diskutieren. Das Treffen dient nicht nur der Diskussion, sondern auch dem Networking und der Anbahnung wichtiger wirtschaftlicher und politischer Partnerschaften. In Davos entstehen Initiativen, die die internationale Zusammenarbeit vorantreiben.
Schwab hat eine klare Vision: Der „Stakeholder-Kapitalismus“ ist ein zentraler Bestandteil davon. Er hat sie später auch in einem seiner Bücher formuliert (Stakeholder Capitalism, 2021). Die Idee ist klar: Unternehmen müssen sich nicht nur um die Interessen ihrer Aktionäre kümmern, sondern auch um ihrer „Stakeholder“: ihrer Mitarbeiter, ihre Zulieferer und der Gesellschaft als Ganzes. Dieses Prinzip der gesellschaftlichen Verantwortung wurde zum entscheidenden Leitmotiv des Weltwirtschaftsforums.
Henry Kissinger, der Mentor von Klaus Schwab während seiner Studienzeit in Harvard, war ein regelmäßiger Gast des WEF. Auch wenn er bei dessen Gründung keine Rolle gespielt hat, zeigt sein Auftritt 2008 deutlich, dass das Forum von einflussreichen globalen Akteuren mitgestaltet wird.
Davos wurde bewusst als Veranstaltungsort gewählt, um eine abgeschiedene Umgebung zu schaffen, die Offenheit und Zusammenarbeit fördert. Aus dem jährlichen europäischen Treffen ist inzwischen eine globale Institution geworden, die seit 1987 den Namen „World Economic Forum“ trägt, um seiner internationalen Bedeutung gerecht zu werden.
Das Weltwirtschaftsforum in Davos ist heute das globale Forum, an dem die einflussreichsten Akteure der Welt teilnehmen. Durch Zusammenarbeit und gemeinsame Werte gestalten sie die globalen Entwicklungen mit. Dabei passt sich das Forum kontinuierlich neuen Herausforderungen an und integriert neue Akteure und Themen.
Technologie für die Menschen und den Planeten nutzen
Davos 2025: Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter
Das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums 2025 stand unter dem Motto „Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter“. Es spiegelte den Wunsch wider, die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation und der Künstlichen Intelligenz (KI) in einer globalisierten Welt zu diskutieren. Neben den Potenzialen und Risiken von KI wurden zahlreiche weitere Themen behandelt. Nachfolgend die fünf zentralen Schwerpunkte im Überblick:
1. Geopolitik: Diplomatie und Konfliktmanagement
Trotz der alarmierenden Warnungen des Global Risks Report, der geopolitische Konflikte als die größte unmittelbare Bedrohung bis 2025 einstuft, prägten diplomatische Bemühungen die Debatten. Die Reden von Staats- und Regierungschefs waren ein zentraler Bestandteil des Treffens. Der Konflikt in der Ukraine wurde erneut diskutiert und Präsident Selenskyj bat um europäische Unterstützung (Video). Auch der Nahostkonflikt wurde diskutiert, begleitet von vorsichtigem Optimismus über den Waffenstillstand in Gaza. Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus führte zu intensive Gespräche über mögliche wirtschaftspolitische Veränderungen in den Bereichen Zölle, Deregulierung und Energie. Trump selbst sprach virtuell aus den USA mit vier globalen CEOs und betonte die Wichtigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen und Unternehmen in den USA zu unterstützen. Die Reaktionen auf seine Politik reichten von Besorgnis bis hin zu einem Aufruf zur Gelassenheit.
2. Klima, Natur und Energie: Wege zur Klimaneutralität
Nach der Bestätigung, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen war, dominierte auch die Klimakrise die Agenda. Wissenschaftler betonten den direkten Einfluss des Menschen auf extreme Wetterereignisse. Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore verdeutlichte die Dimension des Problems (Video) mit der Zahl von 175 Millionen Tonnen Treibhausgasen, die täglich ausgestoßen werden. Ein weiteres zentrales Thema war die Balance zwischen Energiesicherheit und der notwendigen Energiewende, wobei festgestellt wurde, dass beides gleichzeitig erreicht werden kann.
3. Wirtschaftswachstum und Finanzen: Verschuldung, Inflation und Vertrauen
Die wirtschaftliche Unsicherheit stand im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Experten warnten vor den Risiken steigender Staatsverschuldung und Inflation. Die Zukunft des US-Dollars als Weltreservewährung wurde ebenso diskutiert wie der mögliche Einfluss von Trumps neu eingeführter Kryptowährung, der digitalen Gedenkmünze „Meme Coin $Trump“, auf das Finanzsystem. Die Diskussionsteilnehmer betonten die Notwendigkeit von Vertrauen in die Märkte, warnten jedoch vor Selbstzufriedenheit.
4. Arbeit, Gesundheit und Inklusion
In diesem Themenbereich wurde vor allem die Bedeutung der Gleichstellung der Geschlechter hervorgehoben. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich Investitionen in die Gesundheit von Frauen positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen kann das globale BIP um 20% steigern. Ein weiterer Diskussionspunkt war, dass digitale Technologien dazu beitragen kann, bessere Gesundheits- und Bildungsangebote für junge Menschen zu schaffen.
5. Chancen und Risiken der Künstlicher Intelligenz (KI) und technologischer Fortschritt
Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz war nicht nur aufgrund des Veranstaltungsmottos eines der dominierenden Themen. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf Anwendungen, Investitionen und Entwicklung von KI. Experten wiesen darauf hin, dass die derzeitigen KI-Modelle nur eine kurze Lebensdauer haben werden und dass in den nächsten fünf Jahren neue Architekturen entstehen werden. Auch Zukunftstechnologien wie Elektrofahrzeuge, Cybersicherheit und intelligente Fabriken wurden intensiv diskutiert.
Das globale Wachstum wird sowohl für 2025 als auch für 2026 mit 3,3 Prozent prognostiziert und liegt damit unter dem historischen (2000-19) Durchschnitt von 3,7 Prozent. – World Economic Outlook (WEO)
Weltweiter Wirtschaftsausblick 2025
Das Weltwirtschaftsforum 2025 hat erneut unterstrichen, dass globale Zusammenarbeit der Schlüssel zur Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit ist. Trotz geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten wurde die Bedeutung von Diplomatie, Vertrauen und internationaler Zusammenarbeit betont. Insbesondere aus dem abschließenden Talk mit Vertreterinnen und Vertreter der Weltwirtschaft lassen sich die wichtigsten Ergebnisse wie folgt zusammenfassen:
- Geopolitischer Optimismus: Die Bedeutung eines „konstruktiven Optimismus“ in der Geopolitik wurde betont. Durch einen positiven Ansatz sollen Konflikte entschärft und neue Kooperationen gefördert werden.
- Herausforderungen und Chancen für Europa: Angesichts veränderter wirtschaftlicher und technologischer Rahmenbedingungen muss sich Europa anpassen. Die Notwendigkeit einer stärkeren Integration und eines selbstbewussteren Auftretens wurde betont. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht in der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der proaktiven Reaktion auf Veränderungen Chancen für Europa.
- Globale Herausforderungen: Klimawandel, soziale Ungleichheit und technologische Umwälzungen sind Themen, zu denen Führungspersönlichkeiten aufgerufen sind innovative Lösungen zu entwickeln und globale Verantwortung zu übernehmen.
- Bedeutung der Zusammenarbeit: Fortschritt entsteht durch die Kooperation von Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Die Veranstaltung unterstrich erneut, dass echter Wandel nur durch kollektives Handeln erreicht werden kann.
- Transparenz, Konsistenz und Verantwortlichkeit: Das Jahrestreffen 2025 stellte die Grundprinzipien von Transparenz, Kohärenz und Rechenschaftspflicht in den Mittelpunkt. Dies ist notwendig, um das Vertrauen in internationale Institutionen zu stärken und nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Kritische Stimmen zum World Economic Forum 2025
Trotz vieler positiver Impulse gab es auch Kritik an zu elitären Strukturen und mangelnder Transparenz. Viele wichtige Treffen fänden hinter verschlossenen Türen statt, was Raum für Spekulationen und Verschwörungstheorien lasse. Kritiker*innen sehen das WEF zudem als „Brutstätte des Neoliberalismus“, da es den Interessen von Konzernen und der Finanzelite mehr Gewicht gebe als den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung. Anlass zur Sorge gibt auch die wachsende Macht der global agierenden „Finanzoligarchie“. Finanzinstitutionen, die als strategische Partner des WEF auftreten und maßgeblichen Einfluss auf wirtschaftspolitische Entscheidungen haben. Nichtregierungsorganisationen kritisierten mangelnde Fortschritte im Kampf gegen soziale Ungleichheit, denn trotz zahlreicher Initiativen wachse das Wohlstandsgefälle weiter. Das WEF solle deshalb stärker auf soziale Vielfalt setzen und seine Verantwortung gegenüber der Weltgemeinschaft ernster nehmen.
Quellenliste:
- 5 takeaways from Davos 2025 | World Economic Forum (weforum.org)
- Davos: A history of the World Economic Forum’s Annual Meeting | World Economic Forum
- Kooperation im intelligenten Zeitalter
- The Global Economic Outlook 2025 | World Economic Forum
- Weltwirtschaftsforum: Worum geht es beim Treffen in Davos? – ZDFheute