Deutschland spricht ...

Deutschland spricht …

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… und hat gesprochen. Mehr als 20.000 Menschen nehmen an der Aktion „Deutschland spricht“ von ZEIT ONLINE an diesem Sonntagnachmittag, den 23. September 2018, teil. 8.000 Menschen, deren politische Ansichten sich stark unterscheiden, haben sich dabei unter vier Augen getroffen und ein Gespräch geführt.

Um einen Partner oder eine Partnerin zu finden, mussten sie sieben kontroverse Fragen beantworten. Etwa: Ist Donald Trump gut die USA? Sollte Deutschland seine Grenzen strikter kontrollieren? Sollten deutsche Innenstädte autofrei werden?

Deutschland spricht ...

Das Projekt „Deutschland spricht“ ist die Plattform für politische Zwiegespräche von ZEIT ONLINE initiiert und findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt. Es geht um das Versprechen, Menschen zusammenbringen, die politisch völlig unterschiedlich denken und möglichst nahe beieinander wohnen.

Elf Medien haben zur Teilnahme aufgerufen. Der Bundespräsident und Schirmherr Frank-Walter Steinmeier hat die Aktion vor 600 geladenen Gästen (Danke für die Einladung an dieser Stelle) im Radialsystem in Berlin eröffnet. In seiner Rede erklärte er, was ihm an diesen Projekt am Herzen liegt. Vor allem gehe es um eine respektvolle Auseinandersetzung zweier Gesprächspartner, die sich „im sonstigen Leben nie begegnen würden“. Dies ist nicht nur ein wertvoller Beitrag zu mehr Zusammenhalt, sondern es ist auch ein versuch, die Mauern unserer Gesellschaft zu überwinden. Für viele sei dies bestimmt auch ein Wagnis – „ein echtes Experiment, für ein paar Stunden die Klischees und Komfortzonen, denen wir alle auf unterschiedliche Art und Weise anhängen, hinter uns zu lassen.“ Wir sind alle in unterschiedlichen lebens- und Meinungswelten unterwegs. Demokratie kann aber nur mit der Bereitschaft funktionieren, Konflikte anzunehmen und Kompromisse zu finden und einzugehen.

Es geht um die Frage, ob wir uns in unseren Echokammern verschanzen wollen, in Filterblasen nur noch mit Gleichgesinnten kommunizieren, ob wir von Algorithmen am liebsten die eigene Meinung bestätigen lassen – oder ob es uns gelingt, den Dialog zu führen über Trennendes hinweg.

Frank-Walter Steinmeier – Bundespräsident

In seiner Rede fordert Frank-Walter Steinmeier die Gesellschaft auf, die tiefen Gräben und Risse zu überwinden. Dabei sei es für eine Debattenkultur auch wichtig politischen Gegner nicht die Existenzberechtigung in Abrede zu stellen. Mitverantwortlich für die Verrohung in unsere Debattenkultur nacht der Bundespräsident auch die digitale Kommunikation: „Natürlich trägt die digitale Kommunikation ihren Anteil an Verrohung und Enthemmung. Ein Tag ohne Skandal gilt als verlorene Zeit. Eva Menasse hat kürzlich in einer Rede ein Psychogramm der Intenetgesellschaft gezeichnet und dabei – ohne in simple Technikfeindlichkeit zu verfallen – recht lakonisch festgehalten: „Da sich die Menschheit […] charakterlich nicht genauso exponentiell verbessert hat wie ihre Prozessoren, hat das die erwartbaren Folgen: Noch nie gab es so viel Lüge, Denunziation und sprachlich. vervielfältigten Hass in der Welt.

Und so ist, online und offline, die Wirklichkeit dieser Tage viel zu oft: Deutschland spricht nicht, Deutschland brüllt. 

Frank-Walter Steinmeier

Steinmeier zeigt sich besorgt, dass das moralische Immunsystem unserer Gesellschaft so hoch überlastet erodieren muss. Kommunikation mit Andersdenkenden ist anstrengend. Aber ihre Verweigerung ist das Ende der Kompromissfähigkeit. Die einen sagen: „Mit denen rede ich doch nicht, da halte ich maximalen Abstand – das ist schließlich ein Zeichen.“ Die anderen fühlen sich bestärkt in ihrer Opferrolle, gern mit dem vermeintlich unschuldigen Satz: ’Das wird man doch mal sagen dürfen.‘ 

Der Bundespräsident rief auf nicht immer nur das Schlechte zu debattieren, sondern dabei auch im Blick zu behalten, was alles gut in unserem Land läuft. Auch hierfür den Blick frei halten, für die Freiheit und Menschenwürde jedes Einzelnen, die unser Grundgesetz schützt. gilt, die Errungenschaften der Rechtsstaatlichkeit zu bewahren – die Unabhängigkeit der Gerichte, die Teilung der Gewalten, die Akzepte von Rechtsprechung, auch wenn sie einzelnen Bürgern und erst recht Regierungen nicht gefallen. Am wichtigsten betonte Steinmeier, und einzigartig ist für diese Bundesrepublik Deutschland unser sozioökonomisches Modell. Eine Marktwirtschaft, die nicht per se sozial ist, der aber der politische eingeschrieben ist, die Balance zwischen wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Gerechtigkeit unter sich verändernden Bedingungen immer wieder neu herzustellen. Das jedenfalls ist unserem Land besser gelungen als vielen anderen. Das sollte wir bei all dem Debattieren nicht vergessen. Weder dieses Sozialmodell noch die Demokratie kennt keinen Endzustand.Sie bleibt unvollendet und braucht gerade deshalb das Engagement von Demokratinnen und Demokraten, ihre Bereitschaft zum Konflikt ebenso wie zum Kompromiss. 

Wir entscheiden, ob es uns ums Rechtbehalten oder um Lösungen geht. Wir entscheiden, ob Lautstärke oder Vernunft die Währung des Diskurses ist; ob das politische Gegenüber ein würdiger Wettbewerber ist oder erbitterter Feind. Wir entscheiden, wie Deutschland heute spricht und wie Deutschland morgen sein wird.  

Deutschland spricht ...
Deutschland spricht im Radialsystem in Berlin, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
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