Mutter und Tochter stehen nebeneinander und haben beide einen Korb voller bunter Wiesenblumen zum Muttertag.

Heute ist Muttertag!

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Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Mai ist Muttertag – und das schon seit über 100 Jahren. Während die einen ihn sehr ernst nehmen und ihre Mutter oder Ehefrau mit Geschenken überhäufen, halten andere den Muttertag für ein überholtes Relikt. Eine häufig gestellte Frage bei Google: Muss man am Muttertag etwas schenken? Ich finde: Nein, muss man nicht. Aber man kann.

Ich bin selbst Tochter und Mutter. Der Muttertag ist für mich immer ein komisches Gefühl. Ist er mir wichtig oder nicht? Meiner Schwiegermutter habe ich bis zu ihrem Tod immer Blumen geschenkt. Für sie war der Muttertag wichtig. Für mich persönlich sind die anderen 364 Tage genauso wichtig. Und doch ist der eine Tag irgendwie anders. Lange Zeit dachte ich, der Muttertag sei eine Erfindung der Nazizeit und deshalb irgendwie unpassend. Aber dem ist nicht so.

Schon im 13. Jahrhundert gab es einen „mothers day“

Der Muttertag ist keine Erfindung der Nazis. Bereits im 13. Jahrhundert führte der englische König Heinrich III. den „mothers day“ ein. Knechte und Mägde durften an diesem Tag in die Taufkirche gehen, um Mutter Kirche zu ehren. Sie nutzten diesen Tag aber auch, um ihre eigenen Mütter zu besuchen. Im Laufe der Jahrhunderte verlor diese Tradition jedoch an Bedeutung.

Der Muttertag hat seinen Ursprung im frühen 20. Jahrhundert und wurde in verschiedenen Ländern unabhängig voneinander eingeführt. Die moderne Form des Muttertags, wie wir ihn heute kennen, geht auf die Initiative von US-Amerikanerin Anna Jarvis  (1864-1948) zurück, die den Muttertag als offiziellen Feiertag etablieren wollte. Anfang des 20. Jahrhunderts kämpfte sie erst jahrelang für die Einführung des Muttertages – und dann für dessen Abschaffung.[1]

Anna Jarvis hat den Muttertag erfunden – und wollte ihn wieder abschaffen

Anna Jarvis Mutter Ann Reeves Jarvis hat sich im 19. Jahrhundert ihr Leben lang für andere Mütter eingesetzt. Um die damals hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit zu senken, gab sie in ihrer Kirchengemeinde im US-Bundesstaat West Virginia unter anderem Gesundheits- und Hygienekurse. Schon Ann Reeves Jarvis hatte die Idee, einen Tag zu Ehren der Mütter einzuführen – und betete als gläubige Christin dafür. Sie starb am 9. Mai 1905, bevor der Muttertag eingeführt wurde.

1906, am ersten Todestag ihrer Mutter, überzeugte sie ihre Kirchengemeinde, einen kleinen Gedenkgottesdienst zu Ehren ihrer Mutter abzuhalten. Anna Jarvis wollte mit diesem Tag nicht nur ihre eigene Mutter ehren, sondern auch die Rolle der Mütter in der Gesellschaft würdigen. Während der Zeremonie verteilte Jarvis weiße Nelken an die Gäste, die Lieblingsblumen ihrer Mutter (wahrscheinlich einer der Gründe, warum wir heute noch Blumen zum Muttertag verschenken). Die Idee verbreitete sich schnell und wurde zu einem offiziellen Gedenktag für alle Mütter – immer am zweiten Sonntag im Mai. 1914 erklärte US-Präsident Woodrow Wilson den zweiten Sonntag im Mai offiziell zum Muttertag.

Nur noch Geldmacherei, vor allem der Blumenindustrie?

Anna Jarvis war über diese Entwicklung alles andere als erfreut: Sie kämpfte bald für die Abschaffung des Muttertags. Denn Blumenhändler, Süßwarenhersteller und Grußkartenproduzenten hatten den Tag für sich entdeckt. Deren Profitgier untergrub in Jarvis‘ Augen die Idee des Muttertags.

In Deutschland wurde der Muttertag erstmals im Jahr 1923 gefeiert. In der Weimarer Republik propagierte der „Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber“ den Muttertag. Er wurde aber auch von der Frauenbewegung gefördert und entwickelte sich allmählich zu einem festen Bestandteil des Kalenders. 1934 machen ihn die Nationalsozialisten zum Feiertag. Sie nutzten ihn für ihre Ideologie, um besonders kinderreiche Mütter als Heldinnen zu feiern. Sie sollten für den Fortbestand der „Ahnenreihe des deutschen Blutes“ sorgen. Mit der ursprünglichen Muttertags-Idee von Anne Jarvis hatte dieser Muttertag der Nazis allerdings nichts mehr gemein. Seit 1949 ist der Muttertag in Deutschland kein gesetzlicher Feiertag mehr.

Muttertag, ja oder nein?

Passt der Muttertag oder gar der Vatertag[2] noch in unsere Gesellschaft? Der Muttertag sollte ursprünglich der Gleichberechtigung dienen. Heute diskutieren wir dazu immer noch über Themen wie „Gender Pay Gap“ oder „Frauen in Führungspositionen“, ganz zu schweigen von Geschlechterstereotypen oder der #metoo-Debatte. Ich finde – wenn überhaupt – ist es Zeit für einen Elterntag!

 


[1] Die Soziologin Irmgard Weyrather hat die Entwicklung des Muttertags in Deutschland in ihrem Buch „Muttertag und Mutterkreuz“ (1993) nachgezeichnet.

[2] Nicht ganz so einfach ist es, die Geschichte des Vatertags nachzuzeichnen. Die Historikerin Susanne Rouette (Autorin von Sozialpolitik als Geschlechterpolitik) hat „Fundstücke zum Vatertag“ zusammengetragen. Sie fand Einträge aus dem Jahr 1933, die den Vatertag als „ausgelassene Herrenpartie auf Wägen und los von Muttern“ beschreiben. Ein Bericht aus dem Jahr 1967 spricht vom Vatertag als einer Möglichkeit für Väter, ihre spielerischen Bedürfnisse auszuleben, die sie sonst in ihrer rationalen Ernährerrolle nicht ausleben können, und „endlich einmal wieder umhegter Mittelpunkt im Leben der Frau“ zu sein. Beide Tage dürften vor allem auf Drängen von Wirtschaftsverbänden entstanden sein. Vor allem der Muttertag ist heute eine wichtige Einnahmequelle für Blumengeschäfte, die an diesem Tag – trotz Sonntag – öffnen und Blumen verkaufen dürfen.