„Chinese Whispers“ im Haus am Waldsee

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„Chinese Whispers“ ist übersetzt so wie „Stille Post“. Einige kennen vielleicht noch das beliebte Kindergeburtstagsspiel: eine Person überlegt sich einen kurzen Satz, der wird flüsternd weitergegeben und am Ende kann man sich nur wundern was aus der ursprünglichen Nachricht geworden ist.


Mit dieser Idee der „Stillen Post“ (Chinese Whispers) hat der Fotokünstler Ingo Mittelstaedt (*1978)  zum 70. Geburtstages des Hauses am Waldseemit der umfangreichen und bisher unveröffentlichten Sammlung des Rechtsanwalts und Kunstexperten Peter Rau eine Ausstellung gestaltet. „Chinese Whispers“ sieht Ingo Mittelstaedt nicht als Hommage an den herausragenden Anwalt der Künste und Sammler, Peter Raue, noch als das Ergebnis einer kuratorischen Leistung. Vielmehr sieht er sich dabei als Arrangeur und die Gesamtinstallation als eigenes Kunstwerk.
Mittelstaedt’s räumlichen Ideentransformationen im Erdgeschoss
In acht Raumbildern bricht Mittelstaedt Hierarchien der Kunstgeschichte auf und unterläuft herkömmliche Regeln der Ausstellungspraxis. Wie in einem digitalen Netzwerk geraten Werke aus der Sammlung, Fotografien und Fundstücke aus seinem Atelier in ein ebenso dichtes, wie leises und überraschendes Gespräch darüber, wie künstlerische Ideen im 21. Jahrhundert lebendig bleiben.

Eine künstlerische Praxis gesteuerter Zufälle

Gestern Abend fand als begleitendes Ausstellungsprogramm ein Künstlergesprächmit Prof. Dr. Peter Raue und Ingo Mittelstaedt unter der Moderation von Dr. Katja Blomberg statt. Überraschend war wie Raue und Mittelstaedt diesen Transformationsprozess der Kunstwerke bewerten. Peter Raue hat anfangs noch versucht diesen Prozess des Arrangements von Ingo Mittelstaedt zu verstehen, dies war ihn aber zu wild und er hat seine Sammlung ohne weiteren Kommentar vertrauensvoll den Arrangeur überlassen.


In der Tradition der Londoner Independent Group der frühen 1950er Jahre arrangiert Mittelstaedt Kunst, Fotografien und eigene Fundstücken zu einem neuen fotogrfischen Bild.

Ingo Mittelstedt stellte seine Sichtweise und seinen Ansatz der Herangehensweise dem Publikum vor. Gerade die „Podestarbeit“ im Erdgeschoss (Mittelstaedt bezeichnete sie auch als Travestie-Show) ist für ihn ein Spiel zwischen den Dimensionen: 2D, 3D und dann wieder auf 2D zu reduzieren. In seinen Arrangements versucht er Bilder aus der Perspektive der Fotografie und der Ästhetik umzusetzen. So entstanden z. B. auf dem Podest neue Bilder aus Kunst- und persönlichen Fundstücken. Wichtig sei ihm dabei der Dialog, der aus diesen Arrangements entsteht. Die Dinge aufzulösen und von der Funktion zu befreien.

Die Rezeptionsgeschichte eines Kunstwerkes ist offen und wandelbar.

Kunst bekommt eine neue Bedeutung – Entwertung oder doch eher Neuverwertung? Die Kunststücke werden von den gesellschaftlichen Normen und (monetären) Bewertungen befreit und auf ihre künstlerischen Inspirationsquellen zurückgeführt. Auch persönlichen Fundstücken besitzen einen Wert. Die Konstellation und die Nähe der Kunst zu den Fundstücken beeinflussen die Werke und setzen eine solche Neubewertung in Gang.

Podestarbeit im Erdgeschoss, im Hintergrund die 20-teiligen Serie von David Hockney
Ingo Mittelstaedt nimmt das Gedicht von Wallace Stevens sowie die Serie von David Hockney als Ausgangspunkt, um „Chinese Whispers“ in Gang zu setzen.
Zwei weitere Schwerpunkte seiner räumlichen Ideentransformationen schafft Ingo

Mittelstaedt im Obergeschoss des Hauses am Waldsee. Hier stehen Arbeiten von

Marcel Broodthaers und Rebecca Horn im Fokus.

„Chinese Whispers“ zeigt insgesamt acht sprechende Bilder im Raum. Sie setzen sich aus über einhundert Kunstwerken aus der Sammlung Peter Raue, an die vierzig Fotoarbeiten von Ingo Mittelstaedt sowie Fundstücken und Objekten aus dem Atelier des Künstlers zusammen. Dabei stammen viele der in den Diskurs aufgenommenen Arbeiten von Künstlern, die früher bereits im Haus am Waldsee ausgestellt haben: Cy Twombly (1963), Joseph Beuys (1967), Rainer Kriester (1972), Marcel Duchamps (1973), Marcel Broodthaers (1974), David Hockney (1975), Rebecca Horn (1975) und Gotthard Graubner (1987).

Die Ausstellung geht noch bis zum28.08.2016.

Dienstags – Sonntags, 11-18 Uhr, Montags geschlossen
Es erscheint ein Katalog. Hrsg. und eingeführt von Katja Blomberg, mit einem Essay von Wolfgang Ullrich. Verlag Walther König, Deutsch/ Englisch. 80 S., € 18

Haus am Waldsee 
Internationale Kunst in Berlin

Argentinische Allee 30
D-14163 Berlin

www.hausamwaldsee.de

Begleitend zu jeder Ausstellung bietet das Haus am Waldsee Kuratorenführungen, Künstleressen und Künstlergespräche im großen Kreis an.
Kontakt:
s.witt@hausamwaldsee.deoder 030 – 801 89 35

Besonders inspirierend sind die Yoga-Stunden am Morgen. Die Erfahrung der Kunst und des Yoga erweitern unseren Wahrnehmungshorizont. Sie schulen Toleranz und Einfühlungsvermögen und lassen uns gelassener auf die Herausforderungen des Alltags blicken. Die Yogakurse finden immer mittwochs von 9 bis 10.30 Uhr statt.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. (Einzelstunde: € 12)