Mode und Kunst sind Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Bedürfnisse. In der Sammlung der Berlinischen Galerie ist das Thema überraschend und vielfältig präsent. Bis zum 30.5.22 überzeugen hier Mode und Kunst als Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Bedürfnisse. Welche Rolle spielt die Mode in Malerei, Zeichnung und Fotografie der letzten 100 Jahre? Nach welchen Regeln werden Kleidung und Kostüme in der Bildenden Kunst eingesetzt? Wie kleiden und inszenieren sich Künstler*innen damals und heute? Wie wird Mode in der zeitgenössischen Kunst genutzt?
Mode in und aus Bildern
1903 veröffentlichte Anna Muthesius, Protagonistin der Reformbewegung in Deutschland, ihre Schrift »Das Eigenkleid der Frau«. Sie lehnte das einschnürende Korsett der Frauenkleidung ab und plädierte für eine Mode, die der natürlichen Form des Körpers folgt. Auch mit ihrer eigenen Kleidung verstand sich Muthesius als Botschafterin.
Besonders in den 1920er Jahren gehörten Mode-Illustrationen für den schnell wachsenden Markt der Zeitschriften zu wichtigen Ausdrucks- und zugleich Einkommensmöglichkeiten von Künstlerinnen. So machte sich Jeanne Mammen in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einen Namen mit ihren aquarellierten Gesellschaftsszenen, die zeigten, wie sich Frauen auf der Straße, im Café oder auf dem Maskenball modisch präsentierten.
Die perfekte Kombination aus Bild und Kleid gelang bei einer berühmten Modeaufnahme von Herbert Tobias aus dem Jahr 1954: Umgeben von Kriegstrümmern präsentiert das Model Irmgard Kunde eine prächtige Abendrobe des deutschen Modedesigners Heinz Oestergaard, das zusammen mit dem Foto ausgestellt ist.
In den 1980er Jahren waren marode Gebäude für die künstlerische Bohème des Prenzlauer Bergs nicht allein Kulisse für ihre selbstentworfene Mode, sondern auch freiheitliche Lebensorte, fotografiert unter anderem von Sibylle Bergemann.
Künstler*innen tragen Mode
Kleidung von Künstler*innen beschränkte sich in der Moderne nicht auf den Malkittel. In Berlin posierte der Dadaist Raoul Hausmann 1929 vor der Kamera von August Sander in seiner selbstentworfenen »Oxfordhose«. Hannah Höch, die zwischen 1916 und 1926 als Entwurfszeichnerin für die Handarbeitsredaktion des Ullstein-Verlags arbeitete, schuf Stickmuster, die sie auch als Motivquellen für ihre Collagen nutzte. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt dieser Höch’schen Arbeiten.
Im Berlin der 1980er Jahre sind es Künstler*innen wie Elvira Bach oder Claudia Skoda, die Kunst und Selbstinszenierung via Kleidung verbinden. Der queere Fotograf Rolf von Bergmann wurde zum wichtigen Chronisten der Berliner Szene und hat der Berlinischen Galerie zahlreiche Kleidungsstücke aus eigenen Auftritten hinterlassen, die erstmals museal inszeniert werden.
Mode in der zeitgenössischen Kunst
Künstlerinnen wie Wiebke Siem, Ursula Sax oder Alexandra Hopf verwenden Motive der Mode, indem sie Kleidung als skulpturales oder performatives Material einsetzen.
Alexandra Hopf interpretiert in ihren textilen Objekten und Installationen historische Quellen, etwa die konstruktivistische Einheitskleidung, die nach der Russischen Revolution von Künstler*innen wie Warwara Stepanowa, Wladimir Tatlin und Alexander Rodtschenko entworfen wurde. Für die Ausstellung realisiert die Künstlerin Raoul Hausmanns »Oxfordhose« als textiles Objekt und entwickelte daraus eine Installation, die das Kleidungsstück mittels Farbe, Bewegung, Licht und Klang neu inszeniert.
Modebilder–Kunstkleider, Fotografie, Malerei und Mode 1900 bis heute noch bis 30.5.22 in der Berlinischen Galerie Nächste Führung findet am 5. März 2022, um 15Uhr statt: In 60 Minuten bekommen Sie Einblicke in die Ausstellung. Um 16:15 Uhr gibt es eine Führung in Englisch. Mehr Informationen zu den weiteren Führungen gibt es hier>> |